Wärmenetz und Blockheizkraftwerk, Zwangsanschlüsse ? update 27.10.2017 , vom 20.12.2017, 06.01.2018, 18.03.2018

Leser, die sich tatsächlich in die tiefen und dunklen Zusammenhänge der Hohwachter Kommunalpolitik eingelesen haben, werden sich daran erinnern, dass die unvermeidlichen Defizite es sind, die der Betrieb eines Gesundheitszentrums auch unter optimistischen Annahmen mit sich bringen würde, die der Suche nach einer Gegenfinanzierung bedürfen. Einfallsreich und höchst bedrohlich erscheinen die anschließenden Überlegungen.

Kompensatorisch für die Belastung des gemeindlichen Haushalts mit einem Betriebsdefizit des Gesundheitszentrums von ca 350 T€ pro Jahr war die Verwertung und Vermarktung der Geothermiewärme  angedacht, die bei der Bohrung nach Sole anfallen soll. Diese wird heiß ersehnt, kommt aber laut Annahme des beratenden Geologen aus 1100 m Tiefe und mit ca 40 Grad nur etwas mehr als  lauwarm an die Oberfläche. Der Wert soll in einem Beitrag zu einem Wärmenetz zusammen mit einem Blockheizkraftwerk liegen, das Thermalwasser also als Vorlauferwärmung eingesetzt werden

Bei der gleichzeitig erwarteten Sole liegt das erste Problem. Bei einem Salzgehalt von ca 120 g/ Liter           ( wobei es sich nach einer geochemischen Übersichtsarbeit von Naumann, Geo Zentrum Potsdam fast ausschlielich um NaCl handeln soll) und der erwarteten Temperatur von 40 Grad findet in der ersten Station der Verwertung, nämlich im Wärmetauscher mit der Absenkung der Temperatur unter Umständen eine Fällungsreaktion des Salzes statt, die den Transport der Sole behindern würde. Technikfreaks mit noch gut erhaltenen Physik- und Chemiekenntnissen finden in der o.g. über das internet einsehbaren Arbeit interessante Ansätze zur Spekulation über das Primärziel, die Solegewinnung und den Wärmetransport bis zum BHK.

Wärmepumpen sind wegen des Stromverbrauchs  zum Aufheizen auf Fernwärmeniveau  unwirtschaftlich. Das Problem des Wärmetauschers würde sich mit der Technik einer Pumpe auch potenzieren. Ein Blockheizkraftwerk hingegen, das mit – über einen Wärmetauscher –  vorgewärmtem Wasser  arbeiten würde, gerät laut Machbarkeitsstudie in die Diskussion und  würde verschiedene überlegenswerte Vorteile aufweisen: Mehr als die Hälfte der gut 420 Hohwachter Häuser ist auf einem veralteten thermoenergetischen Stand und für die Abnahme von Fernwärme prinzipiell prädestiniert. Gleichwohl wird diesen Häusern die energetische Sanierung in der Substanz nicht erspart bleiben dürfen und da liegt die kalkulatorische Crux. Die Fernwärmeleistung, die für eine Versorgung im 600m Radius vom BHK , also den größten Teil von Althohwacht umfassend, benötigt wird, ist mit ca 5 .000 Kwh / m²/a. kalkuliert. Gerade in diesem Teil sind mehr als die Hälfte Häuser ernergetisch unsaniert. Eine komplette thermoenergetische Sanierung könnte den Wärmebedarf auf 25-40 % senken.

Deshalb ist die Rentabilitätsquote, die laut Machbarkeitsstudie  bei einem Versorgungsgrad von 60 % nach derzeitigem Wärmeenergiebedarf gegeben wäre, mit einigen Unsicherheiten behaftet.  Die Probleme der Rentabilitätskalkulation liegen aber nicht nur im Wörtchen „derzeitig“ und dem Wärmebedarf durch eine schwer vorhersehbare  weitere thermoenergetische Entwicklung der Gebäude, die um so schwerer kalkulierbar ist, je länger der Prozess bis zum Anschluss dauert. Als erstes müsste einmal die Geothermiebohrung erfolgreich sein, dann die Anschlusteilnehmer angeworben werden, ein Standort für das BHK gefunden ( da hapert’s schon), das BHK errichtet,  ein Montagekonzept für große Teile des Hohwachter Straßennetzes bis zur Grundstücksgrenze entwickelt und die Rohre von dort durch den Garten und eine Kernbohrung ins Haus der Niutzer -gelegt sein

Die Gestehungskosten ab Werk für die beiden Produkte Wärme und Strom eines genügend groß ausgelegten Blockheizkraftwerkes liegen laut Machbarkeitsstudie unter günstigen Annahmen bei unrentablen 7 ct / Kwh Wärme und 21 ct für Strom. Letzteres wäre derzeit gerade noch rentabel. Dabei zu berücksichtigen sind allerdings  die derzeitigen Mehrkosten für die unkoordinierte Energiewende, in deren Folge die Schleswig-Holsteiner den Betrag von 300 Mio € – umgelegt auf jede einzelne Stromrechnung – zahlen müssen, um die Versprechungen des Bundes  an die einspeisenden Windmüller zu bedienen. Diese Mehrklosten entstehen, weil die  Windmühlen mangels Abnahme des Stroms über noch fertig zu stellende Stromleitungen vorübergehend abgestellt werden müssen, wofür der Windmüller zu entschädigen ist-. Wenn man diese Zusatzkosten  aus der konkurrierenden Stromversorgung der Großanbieter heraus rechnet, könnte sich deren Stromkostent um einige Cent verringern. Die Rentabilität eines BHK sinkt damit weiter.

Es ist wohl erlaubt, daraus den Schluss zu ziehen, dass ein BHK auch hinsichtlich der Stromkosten im direkten Vergleich kaum  rentabel sein wird.
Darüber hinaus sollte die Frage erörtert werden, ob es denn ökonomisch sinnvoll ist, im Stromland SH, das mit seinen Windmühlen mehr Strom erzeugen wird, als es selbst verbrauchen kann, Strom über ein BHK zu erzeugen, um über einen fragwürdige und mittelfristig korrekturbedürftige Gesetzesregelung Kasse zu machen.

Die absehbaren Unsicherheiten führen zu der Frage, ob ein Anschlusszwang vorgesehen ist ( nach dem Kommunalabgabengesetz ) und der Zusatzfrage nach einem möglichen Preisdiktat. Die Studie zum Wärmenetz wendet sich zwar gegen einen Anschlusszwang. Bei genauer Betrachtung ginge es aber nicht ohne einen festen und beständigen Abnehmerkreis mit einem gleich bleibenden Wärmebedarf.

In einer Antwort der Gemeinde  an den Autor ist deshalb auch von „Quartierssanierung“ die Rede, ein Begriff aus dem Arsenal der Zwangsanschlüsse, der andereorts auch gar nicht umstritten ist, wo optimale Geothermiewärme  konkurrenzlos günstig  eingesetzt werden kann l (Bayern)

Ob dies alles den Hohwachtern zugemutet werden kann, die sich über ihre erneut für die Wärmeleitungen aufgebuddelten Straßen genug erregen werden, wird noch zu entscheiden und wohl auch gegen zu erwartende Klagen zu verteidigen sein. Dass  die Anschlusskosten für vermietete Einheiten anders anzusetzen sind, als für private, wird ein weiterer Streitpunkt sein. Zu berücksichtigen ist auch das Schrumpfen der Bevölkerung, das durch Überalterung, Generationenwechsel und durch eine Baupolitik beschleunigt wird, die via Maximalausnutzung zu steigenden Grundstückspreisen und rückläufigen privaten Bauvorhaben führt ( siehe „Ortsbild und Baupolitik“ in diesem Blog ). Zu einem Wintersprotort wird Hohwacht durch fromme Wünsche zur Belebung der Nebensaison nicht werden. Auch einige Erstwohnungsbesitzer verlassen im Winter den Ort. Alle diese Faktoren führen zu einem abnehmenden Energiebedarf und absehbaren Rentabilitätsproblemen eines BHK, das keine Reserveabnehmer hat..

Aber es ist noch ein anderes Szenario zu betrachten: Es gibt überhaupt kein denkbares back up System in Ortsnähe und die alten Heizungen werden nach Anschluss an das BHK  entsorgt sein. Ein  Brand oder vergleichbare  Schäden am BHK können Millionenschaden in den abhängigen Häusern nach sich ziehen.

Man kann von Machbarkeitsstudien kein finales Handlungskonzept erwarten, aber unter  Einbeziehung  der genannten Unwägbarkeiten wäre die erfolgreiche Umsetzung des Gesamtkonzeptes Gesundheitszentrum, an dem die tiefe Geothermie und die Gewinnung von Sole bestimmend beteiligt ist, erst mit einsetzenden Erfahrungen vor Ort zu beurteilen. Fördermittel für die angeblich umweltfreundliche Technologie wurden aus vielen Quellen erwartet. Die erste Enttäuschung bereitete der Umweltminister Robert Habeck, der eine Ausfallbürgschaft  für die Geothermiebohrung verweigerte.

Das Problem liegt in der Ökobilanz. Es ist nämlich mehr als fraglich, ob die CO2 Erzeugung bei der Teileproduktion und Einrichtung eines Wärmenetzes einschließlich Rohrverlegung, der notwendigen Erneuerung des BHKW nach ca 10 Jahren und den Betriebs und Energiekosten nicht mehr CO2 erzeugt, als eingespart werden kann. Dabei ist ein zweites Szenario zu betrachten, dass mit der staatlichen Forderung verbunden ist, bis zum Jahre 2050 das „Nullenergiehaus “ anzustreben. Auch wenn durchaus bedacht wird, dass dieses Ziel nicht zu 100 % erreicht werden wird, die Schätzungen liegen zwischen 50 und 80 %, so führt die thermoenregtische Sanierung und Optimierung zu einem stark und kontinuierlich abnehmenden Wärmebedarf, so dass der Betrieb eines Wärmenetzes technisch und wirtschaftlich unkalkulierbar wird. Deshalb hat eine Studie der Uni Flensburg nahe gelegt, auf Geothermie zu verzichten, wenn dieses ausschließlich für Hauswärme einegsetzt werden soll und ein Grundlastabnehmer aus Gewerbe oder Industrie fehlt . Dies mag auch der Grund sein, weshalb der Staat die möglichen Fördermittel  zusammen gestrichen hat und Projekte, bei denen die Geothermie nur einen kleinen Anteil für ein Wärmenetz liefert, nach den neueun Richtliniene vom Sommer 2018 nicht mehr fördert. Das alles ist der Gemeindevertretung bekannt, die aber anstelle einer rationalen Betrachtung an Glaubensätzen festhält und nun einen Betreiber für ein Wärmenetz sucht. Dabei bedient sie sich einer Firma, deren Expertise beim Schornsteinfegerwesen zu suchen ist. Die Fa eKu, als Verantwortliche und auf diesem Gebiet ebenfalls völlig unerfahrene GmbH &Co KG hat sich aus dem Feld und einer möglichen Haftung für deren optimistische Aussagen zurück gezogen. Sie existiert als „Marke“ der SBB fort und mit ihr hat der Bürgermeister den 11T€ teuren Auftrag abgeschlossen, einen Betreiber zu suchen. Angeblich sollen diese Schlange stehen. Deshalb fragt man sich, warum anstelle der diversen Machbarkeitsstudien kein Interessenbekundungsverfahren eingeleitet worden war und man die Bewerber durchleuchtet und die Konzepte mit Sachverständigen prüft. In den Berichten zur Lage sind einige Merkwürdigkeiten zur Situation näher geschildert. Vertrauen erwecken die Vorgaänge nicht

Fazit: Projekt zu groß, zu unsicher, Akzeptanz fraglich.

Es bliebe der Vorteil einer etwas reineren Luft und einer massiven Reduktion des CO2-Ausstoßes zur Winterzeit. Wie diese bei einer Ökobilanz über alle Maßnahmen ( Werk. Rohre, Verlegung, Montage)  allerdings zu berechnen wäre, bleibt die bislang ungeprüfte und unbeantwortete Frage Aber einen Mangel an Rechenkunst hat der Hohwachter nicht zu befürchten, wie durch einige Machbarkeitsstudien nachhaltig ausgeweisen.

Verrechnet haben könnten sich die Hohwachter Zukunftsplaner allerdings bei der Berücksichtigung des Zeittraums für eine Realisierung, der vom Bundesministerium für Wirtschaft mit durchschnittlich 5 Jahren beziffert wird. Grund sind die komplexen Genehmigungsverfahren, bei der bergrechtliche, wasserrechtliche und baurechtliche Aspeklte in 2 Stufen ( Bewilligung der Erkundungsbohrung und Genemigung der Errichtung ) geprüft werden müssen. Die Investoren neuer Bauten werden sich jedenfalls um eine alternative Energieversorgung kümmern und kommen als Abnehmer kaum in Frage. Wenn die Angelegenheit in den Fokus der Öffentlichkeit rückt, betrifft das auch die Risiken, die echten wie auch die vermeintlichen.

 

 

Das Gesundheitszentrum, Risiko mit unabsehbaren Folgen.

O Sole mio

August 2016 update 01.09. 2017

Allgemeine Befragungen zum Bedarf eines Gesundheitszentrums fehlen, wenngleich für Hohwacht in den unter Tourismus erwähnten Studien Ergebnisse vorliegen, dass andere Interessen der Gäste weit überwiegen, besonders der Aufenthalt in der Natur.

Gleichwohl kann man mit den vorhandenen Daten zur Gästestruktur, Aufenthaltsdauer weitere allgemein nachvollziehbare Überlegungen anstellen..

Dazu hatte der Autor, mit Gesundheitsthemen professionell vertraut, während der Beschäftigung mit diesem Thema und mit wachsendem Kenntnistand vier Briefe mit verschiedene  Schwerpunkten an die Gemeinde geschrieben, die von einigen Gemeinderatsmitgliedern als beachtenswert eingestuft, vom Bürgermeister nur mit Unmut und ohne Gegenargument registriert worden sind.

Das Projekt aus Fitness- und wohl auch einigen Wellnesseinrichtungen, gesteuert von einer Arztpraxis, die auch der Versorgung der Bevölkerung dienen soll, ist auf dem alten Schwimmbadgelände, einem Filetstück geplant, Kosten ca 4.6 Mill. €.

Als Clou wurde eine Geothermiebohrung bis zu 1100 m Tiefe angedacht, mit der man das Zentrum und anliegende Abnehmer mit Wärme und einem Nebenprodukt versorgen will, das dem Ort ein „Alleinstellungsmerkmal“ verleihen soll, der Sole.

Hintergrund der Planung  ist die Begünstigung durch eine schmale Erdformation, die sich in großer Tiefe zwischen und Hohwacht und Neustadt-Glewe durch die Tiefe zieht. In der Mecklenburger Stadt hat man aus über 2000m Tiefe 90 Grad heiße Sole nach oben befördert und benutzt, um mit Fernwärme naheliegende Stadtteile zu versorgen. Für Hohwacht wird aus ca 1000 m Tiefe eine Solegewinnung prognostiziert, deren Temperatur mit 40 Grad angenommen wird, mit einem ausreichenden Fördervolumen, sowohl für die direkte Soleverwertung, als auch für Fernwärme.

Dabei erwartet man die Möglichkeit. mit natürlicher  Sole und  deren Vermarktung für Bäder, Inhalationen, Trinkkuren dem Ort über das Alleinstellungsmerkmal einen Wettbewerbsvorteil zu verleihen.

Von den  einzelnen  in der Machbarkeitsstudie kalkulierten Kosten- und Einnahmenblöcken wil ich  nur jene betrachteb, die als Entscheidungskriterien gelten können.

Für die Gesamtkosten von 4,6 Millionen bringt die Gemeinde das Grundstück, sowie 100.000.- ein und muss trotz Zuwendungen und angestrebter Ausfallbürgschaft für die Bohrung ein Darlehen von € 1,6 Millionen aufnehmen

Durchweg sind die Investitionen sehr knapp kalkuliert, die Einnahmen um so optimistischer .

11.000 Gäste jährlich, die täglich im Schnitt 15,12  € zahlen sollen, wobei als Summe aus vorläufiger Kalkulation 166.000.-  erwartet werden. Trotz dieser optimistischen Annahmen einer Nutzerfrequenz von 11.000 jährlich wird – bei voll  laufendem Betrieb – das jährliche Defizit ca € 325.000.-  betragen. Um dieses auszugleichen müssten zusätzlich ca 20.000 Nutzer angeworben werden oder kompensatorische Einnahmen vorhanden sein.

Es lohnt sich – weil es ein bezeichnendes Licht auf das gesamte Wunschgedankengebäude wirft, das Nutzerpotential eines Medizinischen Gesundheitszentrums anhand vorhandener  statistischer Daten zu beleuchten.

Dazu  sei zunächst  ein Blick auf die Ermittlung des Nutzerpotentials ( 9.1.4) Seite 141-142 geworfen, die mit der Schätzung eines Nutzerpotentials von 11 Tausend p.a nicht endet, sondern zusätzliche unerklärliche Steigerungen prognostiziert.

Dieser Berechnung stehen solide Zahlen aus der amtlichen Tourismusstatistik für Hohwacht  gegenüber. In Beherbungsbetrieben von mehr als 10 Betten (!)  wurden im Jahre 2015 eine Zahl der Ankünfte von 35.274 mit einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer von 3,7 Tagen im Jahresdurchschnitt ermittelt.

Auf die Monate Juli und August entfallen 10412 Urlauberankünfte mit einer Aufenthaltsdauer von 4,8,. bzw 4,9 Tagen.
Im Juni kamen 4194 Gäste an, Aufenthalt 3,9 Tage, im September 3670, Aufenthalt 4,2 Tage.
Zählt man den halben Juni und September zur Hauptsaison, so ergeben sich ca 14.000 Gäste in der Hauptsaison.

Soweit man davon ausgehen kann, dass sich die Gäste in der Hauptsaison den klassischen Urlaubsfreuden eines Seebades hingeben und weniger an schweißtreibenden Geräteübungen und der Anwendung versalzener Flüssigkeiten interessiert sind, errechnen sich für die  übrige Zeit des Jahres (Nebensaison)  insgesamt 21.000 Gäste, davon nach einer älteren Erhebung der Hohwachter Tourismus GmbH 28 % zwischen dem 55ten und 75ten Lebensjahr,  unter der sich die  Zielgruppe für  einen Gesundheitstourismus befinden, mithin ca 6000 Gäste, die durchschnittlich ca 3,5 Tage anwesend sind.

Aus dieser Gruppe ist – unter Berücksichtigung der Aufenthaltsdauer – das Nutzerpotential abzuschätzen.

Bei der aus dem Marketing entlehnten  Betrachtung der Machbarkeitsstudie unter dem Aspekt eines angeblichen Megatrends namens LOHAS lassen sich 10-30 % der genannten Altersgruppe als eigentliche Zielgruppe annehmen, maximal also 600 bis 1800 Gäste, die als mehr oder weniger wahrscheinlich zu erwartende Lohas affine Nutzer des Gesundheitszentrums eingeschätzt werden können.

Selbst wenn man die doppelte oder dreifache Zahl erhofft, kommt man nicht auf die Nutzerzahlen und Erträge, die die Machbarkeitsstudie unterstellt, zumal die gegenwärtige durchschnittliche Aufenthaltsdauer von 4-5 Tagen für ein Gesundheitsprogramm völlig unzureichend ist. Wahrscheinlich  müssen die Nutzer eines Gesundheitszentrums komplett neu als Gäste gewonnen werden.

Was passiert mit dem Gemeindehaushalt und dem Schuldenstand, wenn das Defizit in den Anlaufjahren € 100.000 höher ausfällt ? Das müssen Bürgermeister und Gemeindevertertung auch gedacht haben und bringen kompensatorisch den erwarteten Verkauf von Geothermiewärme und der Sole ins Spiel.

Darauf wird vertieft einzugehen sein.

Vorweg  eine Betrachtung zur Idee, eine ärztliche Leitung als Steuerung des Zentrums zu etablieren, deren Funktion  die Beratung, Verteilung und Aufsicht  der Teilnehmer an Fitness- und anderen Gesundheitsprogrammen, sowie der  Anwendung von Sole sein soll. Dabei handelt es sich um die beiden  Faktoren, die das Vorhaben von einem beliebigen Fitnesscenter unterscheiden und die Bezeichnung Gesundheitszentrum rechtfertigen sollen.

Mit einem ärztlich individuell empfohlenen Fitnessprogramm entsteht eine ärztliche Verantwortung für diese Maßnahmen und mögliche Folgen für die Gesundheit des Anwenders. Deshalb ist es richtig, dass der für diesen Teil der Machbarkeitsstudie zuständige Autor, ein Kieler Professor für Sportmedizin, ein detailliertes Untersuchungsprogramm empfohlen hat, um eventuelle gesundheitliche Gefahren auszuschließen.

Ich hatte dem erstaunten Gremium bereits bei der Show der fünf Professoren vor der andächtig lauschenden Gemeinde mitgeteilt , dass die empfohlenen Untersuchungen nicht als kurative Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet werden können und auch nicht unter die Präventionsmaßnahmen fallen, die eine gesetzliche Krankenkasse gewähren darf.

Die Selbstzahlerkosten für die Voruntersuchung belaufen sich immerhin auf ca 300 €. Diese sind, worauf noch einzugehen sein wird. Die Kosten erhöhen sich  bei einer Anwendung von jodhaltiger Sole um eine eingehende Schilddrüsenuntersuchung , Kosten ca 200 €. Untersuchung und Ergebnisse benötigen unter günstigen Bedingungen mindestens drei Tage. Für die Erstuntersuchung selbst sind inkl. der Rüstzeiten ca 2-3 Stunden anzusetzen. Nur ein Teil der Untersuchung ist an Assistenzpersonal delegierbar.

Dies ist bei der Planung der Kapazitäten zu berücksichtigen, wenn die Untersuchungen zügig erfolgen sollen, um den Teilnehmer in sein Programm einzuschleusen.

Schon ein Andrang von 10 bis 20 Interessenten in 1-2 Tagen ist von einer Einzelpraxis nicht zu bewältigen, zumal dann nicht, wenn gleichzeitig auch die Versorgung der ansässigen Bevölkerung gewährleistet werden soll.

Weil die Gäste sicher nicht allein wegen des Gesundheitsprogramms in Hohwacht sind, sondern auch andere Interessen wahrnehmen werden, wird ein stoßweiser Andrang nicht die Ausnahme, sondern die Regel sein.

Ob diesen Gegebenheiten personell und räumlich mit wirtschaftlichem Ergebnis Rechnung getragen werden kann , mag Ihrem Urteil überlassen bleiben.

Meine persönliche Prognose lautet: Entweder laufen die Teilnehmer weg, oder der Arzt!

Eine spezielle Betrachtung verdient die Anwendung von Sole, die als “Alleinstellungsmerkmal” angedacht ist. Wie zu hören war, orientiert man sich hier an der erfolgreichen  Vermarktung von Sole in Bad Bevensen. Dazu sollte man allerdings imn die Planungen einbeziehen, dass sich Bevensen auf zahlreiche Fachärzte unterschiedlicher Fachrichtung  und etliche Kliniken stützen kann.

Da die Indikation für Soleanwendungen eng  zu stellen ist und vorwiegend bestimmte Erkrankungen der Haut – andere wiederum nicht – sowie Erkrankungen der Atemwege betrifft, ist eine spezielle fachärztliche Indikationsstellung anzuraten.

Dies auch noch aus anderen Gründen, die den Jodgehalt und unsere Schilddrüsen betreffen.

Es sind diesbezüglich  im wesentlichen zwei Störungen der Schilddrüse zu betrachten, die durch Jodexposition verschlimmert werden können.

Erstens die Hashimoto Thyreoiditis, eine Autoimmunerkrankung, die schleichend zur Unterfunktion führt. Dieser Vorgang  kann durch übermäßige Jodzufuhr beschleunigt werden. Man findet, wie u.a Scriba ( Doyen der Schilddrüsenforschung ) mitteilt, bei erhöhter Jodexposition einen Anstieg der krankheitsanzeigenden Antikörper, die diese Kausalität nahe legen. Die Häufigkeit der Hashimoto-Thyreoiditis wird mit 1-5 % in der deutschen Bevölkerung beziffert. Die Diagnose wird bei symptomarmen, langsamen Verläufen oft nicht oder sehr spät gestellt ( Dunkelziffer).

Die Krankheit ist jedoch durch vermutete Begleiterkrankungen zunehmend in den Blickpunkt gerückt und wird  auch in gesundheitsbewussten Laienkreisen (LOHAS, also dem avisierten Interessentenkreis für das Gesundheitszentrum) Beachtung finden.

Zweitens ist das autonome Adenom als absoluter Gegengrund für eine über die normale Ernährung hinausgehende zusätzliche Jodexposition zu betrachten. Der sogenannte heiße Knoten wandelt überschüssiges Jod in überschüssiges Schilddrüsenhormon um. Das entstehende Krankheitsbild der Schilddrüsenüberfunktion ist u.U tödlich.

Ursache des autonomen Adenoms sind einerseits Jodmangel, der zur Umwandlung in eine übersteigert jodaffines Gewebe führen kann – insofern ist die Häufigkeit regional unterschiedlich – , andererseits sind genetische Faktoren im Spiel.

Daraus folgt: Ein Arzt, der eine Anwendung von Sole verordnet, die zu einer erhöhten Aufnahme von Jod führen kann, ist seinem Patienten eine sorgfältige und aufwändige, an spezielle fachärztliche Kenntnisse gebundene Untersuchung der Schilddrüse schuldig.

Unterlässt er diese, kehrt sich im Erkrankungsfall die Beweislast um, eine für jeden Arzt  fatale Situation.

Diese Überlegungen sind allerdings vorsorglich theoretischer Natur. Es kommt nämlich sehr auf die Herkunft des Salzes im Untergrund an. Die geochemischen Prozese können sehr unterschiedlich sein und unter Umständen ist die Sorge um eine Gefärdung unnötig.

 Wie die Klientel für ein Gesundheitsprogramm einschließlich der vorsorglichen Untersuchungen, das doch über mindestens zwei Wochen gehen sollte, im Übrigen aus einem Touristenkreis gewonnen werden soll, der bislang durchschnittlich 4 Tage bleibt, ist unbeantwortet..

Zusammenfassend komme ich zu dem Schluss, dass mit der Propagierung eines ärztlich gesteuerten Gesundheitszentrums aus wirtschaftlicher Sicht der sichere Weg in eine Rationalitätenfalle eingeschlagen wird.

Am Rande noch eine nachträgliche Bemerkung.; In Neustadt-Glewe kommt die Sole nicht als heilbringendes Wunderwasser ans Tageslicht, sondern zerfrisst auf seinem Weg dorthin als ätzende Flüssigkeit mit einem Salzgehalt von 220 g pro Liter bereits Rohre und Pumpen. Von der möglichen Verwendung  „natürlicher Sole“  kann also nicht die Rede sein, sondern allenfalls einer Verwendung in einer hochgradigen Verdünnung.

Warum dann nicht die Salzklüten aus Neustadt-Glewe holen, anstatt danach zu bohren

 Noch Fragen ?